Ein Rundgang mit Immobilienentwickler Oswald Held durch den Wilden Mann, eines der wahrscheinlich beeindruckendsten Bauprojekte der Stadt.

Im Bauch des Wilden Mann rumort es. LKWs drängeln sich im Hof, Bretter werden im Eiltempo durch die Gänge geschoben, Kabel flott durch die Rohre gezogen. Gemma, gemma, idemo. Bis Ende des Jahres muss der Umbau im historischen Gebäudekomplex abgeschlossen sein. Für den Großteil der Büro- und Geschäftsräume, Wohnungen und Penthouses in der Jakoministraße 3-5 haben sich bereits InteressentInnen gefunden und die wollen im Jänner 2017 in eine der luxuriösesten Immobilien der Stadt ziehen. „Das Interesse war gleich zu Beginn groß“, erzählt Oswald Held, während er uns durch die Baustelle führt. Zuerst waren die mit Mitteln der Wohnbauförderung errichteten Wohnungen verkauft, dann die meisten der übrigen, zwischen 32 und 125 Quadratmeter großen Wohnungen. Selbst kleinere Einheiten mit geringerer Raumhöhe gewinnen durch raffinierte Details an Größe: Raumaufteilung, bodentiefe Fenster und vor allem Terrassen mit einem sensationellen Ausblick über die Dächer und die Sehenswürdigkeiten der Stadt bis hin zur Koralm, der die Kärntnerin rührselig werden lässt.

Oswald Held im Gespräch mit Nina Popp
Oswald Held im Gespräch mit Nina Popp

Urbaner Luxus, Toplage und Jakoministraße in einem Atemzug. Wer hätte sich das gedacht. „Das Viertel hat Potenzial“, begründet Oswald Held das Engagement der Pluto Vermögensverwaltung GmbH in der Jakoministraße. Die Gruppe konzentriert sich auf „hochwertige Architektur sowie attraktive Lagen, die auch im Fokus der jeweiligen Stadtentwicklung stehen“, wie auf der Website zu lesen ist. Vorzugsweise in der Grazer Innenstadt, die sich, so Held, verändert habe. „Vor 30 Jahren endete die Innenstadt am Eisernen Tor.“ Das sei längst anders, sie weite sich Schritt für Schritt aus.
Fast zu schön, um dort zu arbeiten:  Einst Ballsaal, nun lichtdurchfluteter Büro-Loft
Fast zu schön, um dort zu arbeiten: Einst Ballsaal, nun lichtdurchfluteter Büro-Loft

Für und wider
„Schritt für Schritt führt dies auch zur Veränderung ganzer Stadtteile“, fügen wir hinzu: vom ehemals unattraktiven Altbauviertel zum renditeträchtigen Investitionskapital und begehrten Wohn- und Gewerberaum. Was der ehemalige Banker zum Thema Gentrifizierung zu sagen hat? „Es gibt immer ein Für und ein Wider.“
Leidenschaftlicher und ausführlicher spricht Held über das starke kulturelle Umfeld, das ihm bei seinen Projekten wichtig sei und die Zusammenarbeit mit erstklassigen Baufachleuten und Architekten: Herwig Kleinhapl, Bernhard Schönherr und Mark Jenewein erarbeiteten eine Lösung, die die historischen Ballsäle bewahren und Wohn- und Arbeitsraum für ganz unterschiedliche Menschen unter einem Dach ermöglichen sollte. Damit begann ein Prozess, der acht Jahre dauerte. Auf den ersten Entwurf folgten Anmerkungen von Altstadtkommission und den verantwortlichen Stadtplanern. Das Haus gewann an Höhe und aus der geschlossenen Dachfläche wurde eine gefaltete Dachlandschaft. Schließlich erhielt der Wilde Mann doch noch das Placet aller Beteiligten, im Frühjahr 2015 starteten die Bauarbeiten.

Oswald Held schätzt die Arbeit von Love Architecture seit langem. Vermutlich, weil das Architektenteam denselben Anspruch an Gestaltung und Präzision hat wie er selbst. Und, so denken wir uns später, als über uns nur noch Luft ist, weil diese Herren offensichtlich eine außergewöhnliche Gabe für Perspektiven und Raumgefühl besitzen. Experten für den Wow-Effekt.

Sauna im Turm und Penthouse mit Blick auf ganz Graz
Sauna im Turm und Penthouse mit Blick auf ganz Graz

Mehrere hundert Quadratmeter Licht und Raum
Zu haben sind noch ein Penthouse, einige Wohnungen im ersten, zweiten und dritten Geschoß und drei Büros. Büro. Welch Untertreibung, denken sich Fotografin und Schreiberin, als sie dann an Ort und Stelle sind.
Raumhohe Spiegel in den lichtdurchfluteten Lofts erinnern an vergangene Zeiten, als das Grazer Opernballett im Wilden Mann probte. Oder die Logen an den Längsseiten – Relikte rauschender Ballnächte, die jahrzehntelang in der traditionsreichen Gastwirtschaft stattfanden. Ein sensationelles Raumgefühl, das sich durch die sechs Meter hohen Wände erklärt und vor allem das Licht, das durch die großen Fenster an der Fassade, typische Architektur 60er Jahre, strömt. Draußen die Enge der Jakoministraße und drinnen mehrere hundert Quadratmeter Licht und Raum. „Einfach geil“, raunt die Fotografin der Schreiberin zu. Zustimmung. Wirklich WOW, weil „unbeschreiblich“ hier definitiv nicht reicht.

Ende des Jahres werden Wohnungen und Büros fertig sein.
Ende des Jahres werden Wohnungen und Büros fertig sein.

Luxus für Kreative
Ein außergewöhnlicher Rahmen für Unternehmen der Kreativwirtschaft, die hier ideale Arbeits- und Präsentationsräume fänden, meint Oswald Held. „Daher sprechen wir zunächst auch Menschen an, die einen natürlichen Zugang zu Kunst und Kultur haben.“ Die Fotografin würde auf der Stelle ihr Studio hierher verlegen und findet die Location auch wie geschaffen für die Genossenschaft von Kreativen, über die sie mit Gleichgesinnten seit einiger Zeit nachdenkt. „Der Wilde Mann ist zentral gelegen, in zehn Minuten ist man auf der Autobahn“, zählt Held weitere Benefits auf. Mit Bus und Bim ist das Haus gut erreichbar und im Innenhof verschiebt ein intelligentes System die Autos der BewohnerInnen auf Knopfdruck in die Parkgarage.

Zimmer mit Aussicht. Von innen überblickt man die ganze Stadt, von außen beeindruckt die Faltenarchitektur der neuen Dachlandschaft.
Zimmer mit Aussicht. Von innen überblickt man die ganze Stadt, von außen beeindruckt die Faltenarchitektur der neuen Dachlandschaft.

Fast, so schien es, wären der Immobilienentwickler und die Kreative handelseins geworden, wäre da nicht… Tja, so was hat eben seinen Preis. 676.000 Euro für das Büro-Loft mit 258,8 m2, einer 42,3 m2 großen Terrasse, Lift, Empfang etc. Netto. Je höher die Lage der Wohnung, umso höher der Quadratmeterpreis. Ganz oben liegt er bei etwa 7500 Euro.

Preise & Details über die Wohnungen und Geschäftsflächen im Wilden Mann

Love Architecture

Text: Nina Popp
Fotos: DJakob

Zeitzeuge seit Ewigkeiten: Der Wilde Mann
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