Die Kaiserinnen von China

Das Hong Kong war eines der ersten Chinarestaurants in Graz. Von außen betrachtet kein Lokal, das Besonderes verspricht. Aber wie in der Dating-Welt zählen auch hier die inneren Werte!

Ein Springbrunnen, eine kleine Pagode und bunte Drachen, die sich die Säulen hinaufschlängeln. Während sich wenige Meter entfernt Straßenbahnen, Zulieferdienste und PassantInnen um jeden Zentimeter der Jakoministraße streiten, breitet sich hier im Gastgarten erholsame Ruhe über die grüne Oase im Hinterhof des Chinarestaurants. Dort, wo es sich gerade eine chinesische Reisegruppe zum Mittagessen im Schatten gemütlich macht.

Brunnen

Günstiger Luxus
Der gertenschlanke Kellner ist der Sohn des Lokalgründers. Er nimmt sich für die chinesischen Gäste, die wegen der Gruppen-Menüs gerne ins Hong-Kong kommen, ebenso Zeit wie für die Testesserinnen aus dem Jakominiviertel. Bereitwillig erklärt er Zutaten und Zubereitung, die den Uneingeweihten zu Recht chinesisch vorkommen. Auch seine Kollegin sorgt sich um unsere Zufriedenheit, sodass wir uns wie die Kaiserinnen von China fühlen.

China versus Steiermark
Das Hong Kong erntet einen großen Pluspunkt bei mir: Es gibt Gösser, mein Lieblingsbier. Aber diesmal steht dann doch ein Tsingtao auf dem Bierdeckel. Gebraut und abgefüllt in China, das Etikett ist deutsch und englisch. Der Geschmack? Das leichte, trockene Pils ähnelt dem Gösser, es schmeckt nur etwas bitterer. Vielleicht liegt es daran, dass im Bier Reis enthalten ist?!

Bier

Für mich als Vegetarierin ist die Auswahl nicht allzu groß. Ich entscheide mich für die Fastenspeise der Buddhisten – der Bikinifigur zuliebe oder eher mit dem Gedanken an die gebackenen Bananen als Nachspeise.
Das Gemüse ist mild, aber saftig, und wird mit Reis serviert. Der Koch des Hauses geht alles andere als geizig mit dem Reis um, und weil der Hunger groß ist, verputze ich alles bis auf das letzte Reiskorn.

Mein Gegenüber hat sich für eine Suppe entschieden. Rasch und dampfend heiß serviert. Das Urteil kommt von Herzen: „Die Suppe ist geil!“ Und sogar der Preis ist geil: Die köstliche Mais-Hühnerfleisch-Tasse gibt es um 2,60 Euro statt der ortsüblichen 5 Euro.

Suppe

Satt und glücklich
Als Hauptspeise gönnt sich meine Kollegin eine kleine Portion Gun Bao Hühnerfleisch mit Reis. Die kleine Portion ist, wie sich bald herausstellt, größer als der Magen. Aber auch so wohlschmeckend, dass das Schälchen am Ende doch leergegessen ist.
Kurz flammt der Gedanke an gebackene Bananen noch einmal auf. Ein kleiner Kampf zwischen Herz und Verstand, aber der volle Bauch gewinnt. Ich bin einfach zu satt.

links: Fastenspeise der Buddhisten | rechts: Gun Bao Hühnerfleisch
links: Fastenspeise der Buddhisten | rechts: Gun Bao Hühnerfleisch

Ob wir schon über 16 Jahre alt seien, erkundigt sich die nette Kellnerin bevor wir zahlen. Sowieso. Und so geht sich ein Schluck Pflaumenwein auch noch aus. Gewusst, dass Pflaumenwein weder aus Pflaumen noch aus Wein besteht? Der süße Digestif, der im Übrigen aus Japan kommt, wird nämlich aus der Ume-Marille hergestellt.

Rundherum zufrieden verlassen wir Hong Kong mit gut gefüllten Bäuchen und der Gewissheit, bald wieder vorbeizuschauen.