Ein Besuch im Create Tattoos & Art Studio
Gleich die Begrüßung ist ungewöhnlich: „Erstens sind wir per Du, sonst fühlen wir uns alt. Magst an Kaffee, rauchst, und hast Hunger?“, werde ich gefragt, nachdem ich in das Create Tattoos & Art Studio in der Reitschulgasse gestolpert bin. „Drei Mal Ja“, sage ich, also machen wir es uns erst mal auf den Bänken vor den Studiofenstern gemütlich – drinnen wird tätowiert, draußen darüber geplaudert; der Interviewtermin wird zu Gunsten der Kaffee- und Mittagspause nach hinten verschoben. Eine Stunde später sitzen wir im geräumigen Vorraum, vor uns Pizza und vietnamesisches Essen, die Gespräche sind im Gang, als würden wir uns seit Jahren kennen.
Seit Oktober 2016 gibt es das Create Studio, das neben Tätowierungen auch Graffitis und Merchandise mit den Werken der KünstlerInnen anbietet. Das Team besteht aus Kindheitsfreunden: Die Gruppe um Dominik Sporer und Max Lugitsch kennt sich bereits seit ihrer Kindheit. Sie alle kommen ursprünglich aus Feldbach – Földboch, wie sie lachend sagen. Das ist auch das Schönste am Arbeiten im Studio, es ist „keine Arbeit im herkömmlichen Sinn, sondern mit Freunden etwas kreieren “, wie Dominik erzählt. Er war vorher in einem großen internationalen Unternehmen tätig, „jeden Tag Anzug tragen“ hat ihm aber nicht getaugt.
Als Max schließlich mit einer zündenden Idee – der Eröffnung eines eigenen Studios – auf Domi zukommt und ihn um die nötige Expertise in Business-Angelegenheiten bittet, ist dieser sofort dabei. „Und ich habe es noch keinen Tag bereut“, meint er und stupst seinen Kollegen Philipp an, der beim Essen neben ihm sitzt: „Ich auch nicht“.
Die Tätowierer des Vertrauens
Das Team besteht aus derzeit sechs Personen und natürlich hat jedes Teammitglied seine eigene Spezialität. „Dani macht vor allem Black&Grey und Realistic Tattoos, Sebo hat seinen eigenen, düsteren Dark Comic Stil, der flächig einfach irrsinnig gut wirkt. Svea macht viele graphische Tattoos, aber auch coole Traditionals mit einem femininen Touch, den wir Burschen natürlich nicht haben. Und ich bin bekannt dafür, dass ich ziemlich flexibel bin, viel ausprobiere, vor allem aber viele bunte Comic-Gschichtn’ mach’ – und in Zukunft viel Japanisches!“, erzählt Max. Domi und Philipp sind für Organisation, Marketing und Geschäftsleitung zuständig.
Besonders glücklich ist das Studio über die kreativen Kundschaft, die in Graz zu ihnen kommt, denn: Kopieren und Malen-nach-Zahlen ist nicht ihr Ding. Eigene Ideen erfreuen das KünstlerInnenherz – zeitaufwändige, aber unkreative Tattoos nicht. Welche die besten Erlebnisse für die Tätowierer sind, lässt sich nicht genau sagen: Auf jeden Fall aber macht es große Freude, einen eigens gefertigten Entwurf am Körper – auf der Leinwand – zu perfektionieren. Bei Tattoo-Conventions Preise gewinnen, oder selbst tätowiert zu werden, steht beim Team ebenfalls ganz oben auf der Liste, genau so wie der Moment „wenn Kunden zu Homies werden“.
How-To: das erste Tattoo
Selbst wenn ein Kunde von einer Tätowierung völlig überzeugt ist, heißt das nicht, dass dieses Motiv schließlich auch auf seinem Körper landet. „Wir stechen nichts was rechts ist, keine verbotenen Symbole. Außerdem stechen wir keine Tattoos, die wir selbst für eine blöde Idee halten – zum Beispiel Gesichts-Tattoos bei 16-Jährigen. Und wenn wir etwas verschlimmern würden – etwa indem wir ein schönes Tattoo covern – dann sagen wir auch da entschieden Nein“, sind sich Domi und Max einig.
Auch für Tattoo-Neulinge haben sie gute Tipps, vor allem: Reden, reden, reden. Gespräche mit TätowiererInnen und Tätowierten sind besonders wichtig, außerdem kann Internetrecherche weiterhelfen. Auf Instagram, Pinterest und speziellen Websites ist die Fülle der Informationen beinahe unendlich, umso leichter also für Interessierte, herauszufinden, was gefällt und was möglich ist. Auch eine Frage sollte man sich stellen: „Will ich ein Motiv, das alle haben?“. Ideen und Inspirationen sind gerne gesehen, fremde Tattoos werden aber auf jeden Fall abgewandelt und neu interpretiert.
Schmerzen und Moneten
Welche Stellen am schmerzhaftesten sind? Darüber können die selbst tätowierten TätowiererInnen keine genaue Antwort geben: „Das Schmerzempfinden ist bei allen unterschiedlich. Was aber auf jeden Fall unangenehm ist, sind Tattoos am Bauch, am Brustbein, auf den Rippen. Und, und, und. Aber: Wer sich ein „Peckerl“ wünscht, dem muss eh bewusst sein, dass es schmerzt. Das gehört zur Erfahrung einfach dazu“. Der Preis ist ebenso unterschiedlich – das hängt von Größe, Komplexität und Aufwand des Tattoos ab.
Schließlich darf ich noch mit ins Studio und zuschauen: Max sticht einem bereits über und über Tätowierten ein Wappen auf den Bauch, der hält die Schmerzen schon seit gut eineinhalb Stunden tapfer aus. Warum genau diese Stelle? „Weil sonst kein Platz mehr ist. Ein bisschen süchtig macht es ja doch.“
Als wir uns verabschieden, gibt es Handschläge und Gelächter, beim Hinausgehen wird mir nachgerufen: „Wir sehen uns dann bei deinem ersten Tattoo!“.