Warum sich Blattgold mit Eichhörnchenschweifhaar verträgt und was die Kunst des Vergoldens eigentlich so kostbar macht.
Open Studio im Atelier der Restauratorin Erika Thümmel. Auf dem alten Arbeitstisch haben sie sich alle fein gemacht: Der alte Rahmen strahlt wie nach einer Verjüngungskur in warmen rotgoldenen Tönen, kleine Spielzeugfiguren glänzen golden, festlich herausgeputzt, und sogar auf den Weihnachtskeksen funkeln Goldstreusel. „E 175“, meint eine der Restauratorinnen lakonisch. So ganz nebenbei ist Blattgold nämlich auch unter den synthetischen Lebensmittelfarbstoffen gelistet. Geschmacklos, aber zumindest genießbar und nachgewiesenermaßen unbedenklich.
Geschmackvoller ist da schon der Rahmen, an dem Dorota Seman für ihre Lehrabschlussprüfung tagelang gearbeitet hat. Unter der hauchdünnen Goldfolie liegen nämlich mehrere Schichten von Leim und Bologneser Kreide, dem bevorzugten Material der italienischen Vergolder. Entscheidend für das spätere Endergebnis sind dabei die Temperatur der Leime, die Luftfeuchtigkeit, die Bindung, absolute Konzentration, Genauigkeit – „und vor allem Geduld!“, meint Erika Thümmel und ergänzt: „Das Wissen und die Zeit unserer Mitarbeiterinnen sind es, die die Vergolderarbeit so kostbar machen.“ Der Preis für Blattgold selbst orientiert sich am aktuellen Goldpreis: 25 Blatt Reines Gold, 24 Karat im handelsblichen Format von 80 mal 80 mm kosten zurzeit etwas 55 Euro.
Aber zurück zum Handwerk. Wenn drei bis sechs Schichten weißer Kreidegrund aufgetragen sind, muss die Oberfläche fein geschliffen werden, bis keine Kratzer mehr zu sehen sind.
„Und dann kommt das Blattgold?!!“ fragt eine junge Besucherin ungeduldig und hofft, dass sich jetzt endlich die kleinen Heftchen öffnen, die da fein säuberlich neben den Pinseln und ungewöhnlichen Arbeitsgeräten auf dem Tisch liegen. „Bis es soweit ist, wird noch eine Schicht aufgetragen: das Poliment“, erklärt Erika Thümmel. Eine Mixtur aus farbiger Kreide und Leim, die ebenfalls in der Werkstatt zubereitet wird, und der Polimentvergoldung ihren Namen verleiht. Auftragen, trocknen lassen, polieren.
Erst auf diesen rotbraunen Untergrund darf nun endlich das Gold. Es wird angeschossen, heißt es beim Vergolden. Und dazu braucht man einen eigenen Pinsel, der in die Netze, ein Alkohol-Wasser-Gemisch, taucht und die Flüssigkeit auf dem Holzrahmen verteilt. Erst dann ist er da, der magische Moment. Die Vergolderin nimmt einen zweiten Pinsel, den Anschießer, und wischt dessen Fehhaar, also das weiche Haar des Eichhörnchenschweifs, kurz über ihren Handrücken. Die elektrostatische Ladung genügt, um die hauchdünne Folie aus dem Heftchen zu heben, und fast sieht es aus, also ob das Blattgold von selbst auf die Netze springt. Ein kurzer Druck mit dem Pinsel glättet die Goldschicht und fixiert sie auf dem Untergrund.
„Mausmelkerei“, meint eine ältere Beobachterin. Zumindest sollte man die Luft anhalten und ein ruhiges Händchen haben, denn die Folie, die 500 mal dünner als ein Haar ist, reisst schnell.
Wenn das Gold angetrocknet ist, erhält das schöne Stück den letzten Schliff. Und der ist nicht weniger aufwändig als die vorherigen Arbeitsschritte: Nun kommt nämlich ein Polierstab mit Achat, einem Halbedelstein, mit dem das Gold Quadratmillimeter um Quadratmillimeter poliert wird. Bis es golden glänzt.
Mehr über die Kunst des Vergoldens und die Restaurierung von Antiquitäten: Atelier Thümmel
http://www.thuemmel.at