Das Modell Wachstum hat keine Zukunft

Ethisches Wirtschaften. Was das im Detail bedeutet, erörtete Thomas Roesler vom Verein Gemeinwohlökonomie mit UnternehmerInnen des Jakominiviertels.


Vergangene Woche war der Sprecher der Gemeinwohlökonomie (GWÖ) Steiermark und steirischer Vertreter des Projektes Bank für Gemeinwohl zu Gast im Jakominiviertel. Thomas Roesler informierte UnternehmerInnen rund um Obfrau Erika Thümmel über den Versuch, ein neues Wirtschaftssystem zu etablieren. Als notwendige Alternative zum Status quo: „Das Modell Wachstum hat keine Zukunft mehr“.

Bei der Gemeinwohlökonomie, dessen Konzept in Österreich von Christian Felber ins Leben gerufen wurde, geht es nicht um maximalen Profit, sondern um einen sinnvollen Gewinn unter der Berücksichtigung ethischer, sozialer und ökologischer Standards. Dies schaffe Kunden- und Mitarbeiterloyalität und sei „ein Wettbewerbsvorteil, der durch Wettbewerb nicht mehr aufholbar ist“, wie der GWÖ-Verantwortliche erklärt. Anstatt eines Konkurrenzkampfes, bei dem der Stärkere überlebt, gehe es bei der Gemeinwohlökonomie um nachhaltiges Wirtschaften.

Die Bilanz des Gemeinwohls

In Unternehmen lässt sich dies über die Gemeinwohl-Bilanz umsetzen, „die bisher unbeachtete Potentiale nach außen hin sichtbar machen soll“, aber keine reine Marketingmaßnahme mit kurzfristigem Nutzen sei. Die Bilanz besteht aus 17 Indikatoren zu den Themen ökologische Nachhaltigkeit, soziale Gerechtigkeit, Mitbestimmung und Transparenz, Solidarität sowie Menschenwürde. Sie wird vom Unternehmen selbst zusammen mit einem umfassenderen Gemeinwohl-Bericht erstellt, von einem externen Auditor oder einer externen Auditorin geprüft und danach veröffentlicht. Voraussetzung dafür ist eine Vereinsmitgliedschaft bei der GWÖ.

GWÖ 2 JakominiviertelIm Jakominiviertel stößt das Konzept der GWÖ durchaus auf Interesse. Designer Raimund Gamerith (GAMERITH Licht und Möbel) kann der Idee einiges abgewinnen, für sein Unternehmen hat er bereits eine Gemeinwohl-Bilanz erstellt. Positiv sieht er vor allem die Offenheit der Bilanz: „Diese Freiheit hat mich angesprochen: Wo finde ich es als Unternehmen wichtig, an den Schräubchen zu drehen“. Ein nicht zu unterschätzender Mehrwert sei außerdem die Vernetzung mit anderen UnternehmerInnen: „Durch die Zusammenarbeit mit Professionalisten anderer Unternehmen sind schon einige fruchtbare Beziehungen entstanden“. Dafür ließ er sich auch einiges kosten. Denn die Bilanz schlägt sich mit 1600 Euro zu Buche, wovon allerdings 700 Euro von der Wirtschaftsinitiative Nachhaltigkeit des Landes Steiermark gefördert werden.

Die etwas andere Bank

Um Nachhaltigkeit geht es auch beim Projekt Bank für Gemeinwohl (früher: Demokratische Bank), das ebenfalls von Christian Felber initiiert wurde. Über eine Genossenschaft soll dabei eine etwas andere Bank gegründet werden, die sich auf nachhaltige Geldgeschäfte spezialisieren will. Der Fokus würde dabei auf Spareinlagen, Zahlungsverkehr und Krediten liegen, auf Spekulationen möchten die Verantwortlichen verzichten. Derzeit wurde über Crowdfunding 2 Millionen Euro an Kapital lukriert, ab 6 Millionen Euro. gäbe es eine Banklizenz, mit 15 Millionen Euro möchte man das operative Geschäft starten.

Wer dieses Projekt unterstützen möchte, kann 200 bis 100.000 Euro investieren. Neben dem ideellen Anspruch gibt es eine Chance auf moderates Wachstum, das Risiko ist allerdings der Verlust des doppelten Betrags. Sollte das Projekt gelingen, soll in Wien eine Filiale gegründet werden, der Rest über Onlinebanking laufen. Für das Einzahlen des Tagesumsatzes wird ein Konto bei der „Bank für Gemeinwohl“ also nicht geeignet sein, für die Finanzierung von ökosozialen Projekten allerdings schon.

Raffael Reithofer

Fotos: Jakominiviertel/Reithofer