Stadtplanung anno dazumal

Vor gar nicht allzu langer Zeit war das Jakominiviertel noch Grünland. Doch Ende des 18. Jahrhunderts begann der Namensgeber des Viertels mit der Stadtplanung. Eines der damals errichteten Häuser gehört nun der Restauratorin Erika Thümmel.

Heute liegt das Jakominiviertel im Herzen der Stadt Graz. Nur der Name „Klosterwiesgasse“ weißt noch darauf hin, dass hier bis vor 300 Jahren noch Grünland war. Über Jahrhunderte diente der Bereich des Jakominiviertels als Glacis (Erdanschüttung) mit der Stadtmauer der militärischen Verteidigung von Graz. Damit ein möglicher Angreifer keine Möglichkeit zur Deckung hatte, musste der Bereich des Jakominiviertels unbebaut bleiben.

Am Reißbrett geplant

Die Zeiten änderten sich aber. Im 18. Jahrhundert wurde die Stadtbefestigung aus militärischen Gründen obsolet, gleichzeitig wuchs die Stadt Graz. Es war also an der Zeit, Stadtentwicklung zu betreiben. 1782 wurde die Befestigung offiziell aufgelassen, der Grund stand zum Verkauf. Kaspar Andreas von Jacomini nutzte diese Chance und kaufte den Großteil der Grundstücke südlich des Eisernen Tores auf. Innerhalb der nächsten 40 Jahre entstand am Reißbrett ein neuer Stadtteil: die Jakominivorstadt, das heutige Jakominiviertel. Freiherr Jacomini legte dabei auf ein durchgängiges gestalterisches Konzept wert. So bestanden die Häuserfronten in der Jakoministraße ursprünglich aus genau fünf Fenstern.

Engel auf Augenhöhe

Eines dieser Häuser gehört heute der Restauratorin, Ausstellungskuratorin und Künstlerin Erika Thümmel. Thümmel, die auch Obfrau des „Jakominiviertel“-Vereins ist, hat in diesem Haus nicht nur ihre Wohnung, sondern auch ihr Atelier. Letzteres führt dazu, dass es mitunter historische Kirchenfiguren in der Auslage zu sehen gibt – etwa einen Engel aus der Reiner Basilika. Als sie das Haus in der Jakoministraße 9 vor einem knappen Jahrzehnt erwarb, war es schon sehr baufällig. Schließlich nahm sich Thümmel des Gebäudes und restaurierte es in den folgenden Jahren liebevoll – vielfach legte sie auch selbst Hand an. Dabei revitalisierte sie außerdem den Innenhof und legte sie auch einen prächtigen Staudengarten mit Früchten und Platz für Nützlinge an. Es fasziniert als Besucher, dass man bei Erika Thümmel von einem Augenblick auf den anderen vom Trubel der Stadt in einen Hof mit fast schon ländlichem Flair gelangt. Dank des Einsatzes der Restauratorin hat sich das Gebäude vom „hässlichen Entlein“ in ein schmuckes Kleinod im Jakominiviertel gewandelt.

Text: Raffael Reithofer
Foto: Jakominiviertel/Raffael Reithofer, Privat